Baudetails an Häusern in der Fränkischen Schweiz
(Gerhard Wittmann)
Es gibt in Deutschland fast 30 verschiedene Bauformen und damit ebensoviele Hauslandschaften.
Jede dieser Hausformen hat sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt, angepaßt an das Klima, an die jeweilige praktische Nutzung und an die vorhandenen Baumaterialien, also an die natürlichen Voraussetzungen der jeweiligen Region. An diesen Gegebenheiten orientiert und bildet sich das spezifische ästhetische Empfinden der Menschen eines bestimmten überschaubaren Gebietes.
So hat sich auch eine typische Hausform für die Fränkische Schweiz gebildet, welche nochmals in sich Unterschiede bei verschiedenen Details in den jeweiligen Landstrichen aufweist.
Wie sehen nun die typischen Baukörper von Häusern in der Fränkischen Schweiz aus?
Auffallend ist ein längsrechteckiger Grundriß, d.h. die Häuser sind wesentlich länger als breit. Der First verläuft hier natürlich in Richtung der längeren Seite des Grundrisses.
Die Bauwerke „wachsen aus dem Boden heraus“, ohne stark abgesetzten Sockel und mit höchstens 1-2 Stufen über dem Gelände. Die Dachneigung beträgt üblicherweise über 47 Grad, einen Kniestock gibt es nicht. Heutzutage müssen wir wohl einen Kniestock bis zu 50 cm tolerieren.
Die Häuser weisen immer einen klar erkennbaren Kubus auf, eine Fassade ohne nennenswerte Vor- und Rücksprünge. Das Einrücken der Außenwand bzw. tiefere Einschnitte (sog. „Harakirischlitze“)zerstören die einfache Grundform des Hauses.
Dies schaffen auch Vorsprünge, wie die z.Zt. modernen „Pürzel“, 6- oder 8-eckig (siehe Abb. b). Oft befindet sich darin ein mit Rundbogenfenstern umgebenes Eßzimmer, in welchem sich wahrscheinlich ohnehin niemand lange aufhält.
Bei der Überdachung dieser „Auswüchse“ zeigt sich dann meist die Hilflosigkeit vieler Planfertiger.
Es werden fatale Lösungen realisiert:
Schloßartige Türmchen sind Fremdkörper an Häusern unserer Region. Durch solche Maßnahmen sind Maße und Proportionen eines Hauses für immer unwiederbringlich zerstört, dies betrifft auch oftmals spätere Umbaumaßnahmen. Unsere Ahnen wußten und spürten, daß die Schönheit eines Bauwerkes am Zusammenwirken der einfachen Konstruktion, der zweckmäßigen Funktion, der klaren Form und an der sauberen Detailausbildung liegt.
Wir sollten mehr Rücksicht auf das Ortsbild und auf benachbarte alte Häuser nehmen (nicht nur bei Lückenbebauungen); die unüberlegte Übernahme vor allem südbayerischer Bauformen zerstört heimische Landschafts- und Ortsbilder.
Man kann heutzutage auch (bei Neubau oder Sanierung) Häuser modern und zeitgemäß erstellen, ohne die fränkische Bautradition zu verletzen und ohne historische Häuser „nachzubauen“.
Wehren wir uns gegen den Brei eines „Einheitsbaustiles“ für ganz Deutschland!
Wir sollten vermeiden, Baudetails an Häusern anderer Regionen, welche uns an sich durchaus gefallen können, zu „importieren“ und bei uns zu verwenden. Sie passen nicht zu unserer Bauweise.
Noch ein Wort von einem der fachkundigen Experten für landschaftsgebundenes Bauen in Bayern, Dieter Wieland: „Ein altes Haus auf jung getrimmt ist Urkundenfälschung.“
Warum sehen sich viele Leute gerne Dörfer und Städte wie Königsberg in den Haßbergen, Seßlach, Rothenburg, Ebermannstadt, Forchheim und andere mit ihrer im wesentlichen unzerstörten historischen Bausubstanz an?
Die Antwort liegt auf der Hand: Es ist die Harmonie unserer regionalen Bautradition.
Weshalb sollten gerade wir sie für gering erachten.