Nur Garage - und sonst nichts?
(Dipl.-Ing.Arch. (FH) Lorenz Bieger)
Ruhender Verkehr, parkende Fahrzeuge - wohin damit?
In den Städten wird das Parkhaus, die Tiefgarage unter den Gebäudekomplexen zur Regel. Durch die Kommune und große Hausgemeinschaften läßt sich dies gerade noch finanzieren. Aber im ländlichen Bereich sieht das anders aus. Betrachten wir die Siedlungen der letzten Jahre: ein Grundstück (meist rechteckig), mitten drauf das Haus, die Grenzabstände einhaltend; irgendwo daneben, weiter vorn oder hinten die Garage - in den meisten Fällen eine „Schachtel mit Pultdach“. Was vom Grundstück übrig bleibt, sind kleine Restflächen, die nur noch zum Rasenmähen geeignet sind.
Der tatsächliche Nutzen ist gleich Null.
Viele Autos parken auf öffentlichen Verkehrsflächen. Straßen und Gehwege werden zu Stellflächen, der Verkehr wird behindert.
Vergleichen wir damit die Anordnung eines Gehöfts im Dorf: eine breite Einfahrt, ein geräumiger Hofraum, der von Wohnhaus, Stall, Scheune und weiteren Nebengebäuden umrahmt wird. Alle Gebäude stehen nahe oder auf der Grenze und lassen in der Mitte ein Zentrum zum Arbeiten und zum Leben - Flächen zum Holzhacken, Be- und Entladen, für Reparaturen, Abstellflächen usw. und besonders wichtig: Platz zum Spielen für Kinder. Der Nutzen der dazugehörenden Hausbank braucht nicht weiter beschrieben zu werden.
Der Versuch, dieses Wissen umzusetzen, ist in einigen Bebauungsplänen zwar angegangen worden, wird aber durch Gesetze und Vorschriften stark eingeschränkt. Grenzabstände, mittlere Traufhöhen bei Nebengebäuden usw. beeinträchtigen gute Lösungen. Doch immer häufiger ist die Mehrfachnutzung von Nebengebäuden gefragt, und die Pultdachgarage, nur bestimmt zum Unterstellen der Autos, verschwindet langsam.
Garage, Werkstatt, Studio, Wintergarten, überdeckter Platz für Kinder und die Wäsche bei schlechter Witterung - diese und ähnliche machbaren Möglichkeiten erhöhen zusätzlich den Wohn- und Lebenswert auf einem Grundstück.
Die Schwierigkeit besteht in der planerischen Umsetzung aller Vorgaben. Zu beachten sind Himmelsrichtung, Straße, Zufahrt, Anbindung zum Wohnhaus usw. Das Haupthaus muß so gesetzt werden, daß Platz für Freiraum bleibt. Mit dem Nebengebäude kann dieser Freiraum in Garten mit geschütztem Sitzplatz und Hof geteilt werden, oder die ganze Anlage wird damit sinnvoll begrenzt. Auch für die Gestaltung von Nebengebäuden finden wir gute Vorbilder:
klar gegliederte Scheunen (mit Boden - Deckel - Schalung), an das Wohnhaus angesetzte Ställe und für die Grenzbebauung am geeignetsten die Holzlege mit Frackdach und darunter liegender Remise. In der Bayerischen Bauordnung ist diese Möglichkeit der Bebauung leider nicht mehr vorgesehen, aber mit nachbarlichem Einverständnis trotzdem machbar. Die Anordnung von Nebengebäuden im Dorf zeigen deutlich, daß es egal ist, ob der First parallel oder rechtwinklig zum Hauptdach verläuft oder ob er sich nach der Straße oder nach dem Grenzverlauf richtet.
Der Nutzen, nicht die Vorschrift sollte als Entscheidungsgrundlage dienen. Die Einheit wird durch die gleiche Konstruktion gewährleistet. Genauso selbstver-ständlich wird die unterschiedliche Größe der Dachflächen akzeptiert. Meist sind die Scheunen im Dorf die „Riesen“.
In der Siedluing wird das Haupthaus dominieren. Die Mischung unterschiedlich großer Dachflächen gleicher Gestaltungsart mit Großbäumen durchsetzt, ergibt die als Einheit empfundene Silhouette einer Siedlung. Platz zum Leben beim Haus im Übergang zum öffentlichen Bereich ist nötig - nicht nur eine Fläche zum Abstellen der Autos. Wird das Wissen der Vorfahren befolgt und umgesetzt, ändert sich auch die Lebensqualität in den „Schlafsiedlungen“.
Der Wert eines richtig zum Haupthaus angeordneten Nebengebäudes wurde zu lange unterschätzt.
Gestaltungselemente sind
- kein abgesetzter Sockel
- Lattenroste an den Öffnungen der Garage (Lüftung und Belichtung bei Gartenseite)
- Boden-Deckel-Schalung für Balkongeländer, Brüstung und Nordgiebel hier mit zwei integrierten Luken,
- knappes Traufgesims,
- schmaler Ortgang (an der Südgrenze fast mauerbündig),
- statt gleicher Dachneigungen als Alternative ein 90 Grad-Winkel im Firstbereich (ausreichende Kopfhöhe bei niedrigem First),
- Schlußbrett am First mit Initiale.
In der Bayerischen Bauordnung wird eine Traufhöhe von 2,75 m im Mittel vorgeschrieben, die bei einem Frackdachgebäude als zweiseitige Grenzbebauung nicht erfüllt werden kann. Nur die ausdrückliche Zusage des Nachbarn ermöglichte hier diese Bauweise.