Kuratus Adalbert Hollfelder (1912-1996) - ein Nachruf
Am Sonntag, den 29. Dezember 1996 verstarb im Caritas-Altenheim Hollfeld unser Erzbischöflicher Geistlicher Rat Kuratus i.R. Adalbert Hollfelder. Der Fränkische Schweiz-Verein, der Arbeitskreis für Heimatforschung/CHW Hollfeld und die Verwaltungsgemeinschaft Hollfeld / Aufseß / Plankenfels verloren einen ihrer wertvollsten Mitbürger. Geistlicher Rat Kuratus Adalbert Hollfelder war Ehrenbürger der Gemeinde Aufseß, Kulturpreisträger des Landkreises Bayreuth und des Fränkische Schweiz-Vereins, Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande und der sehr selten verliehenen Verdienstmedaille für Denkmalschutz.
Adalbert Hollfelder entstammte einer alteingesessenen Hochstabiler Bauernfamilie und wurde am 7. Januar 1912 in Ansbach geboren. Am 23. Februar 1936 erhielt er im Bamberger Dom durch Erzbischof Jakobus von Hauck die Priesterweihe, danach wirkte er in Mistelfeld und Waischenfeld, sowie als Kaplan in der Pfarrei „Unserer Lieben Frau" in Fürth. Nach dem Kriegseinsatz mit entbehrungsreichen Erlebnissen in Russland, stellte er sich weiterhin in den Dienst der Seelsorge und wirkte vom 15. Januar 1956 bis 16. Juli 1990 in der Kuratie Neuhaus mit der zugehörigen Filiale Drosendorf. Mit seiner Landbevölkerung pflegte der „Kurat" eine herzliche Verbundenheit, für die er unvergessen und immer ein Begriff bleiben wird. Dies wurde zuletzt deutlich bei der Feier seines diamantenen Priesterjubiläums (Hollfelder verschied in seinem 61. Priesterjahr) am 23. Februar 1996 in der Hauskapelle des Caritas-Altenheimes in Hollfeld. Dabei durfte er die tiefe Dankbarkeit seiner ehemaligen Pfarrkinder erfahren und sein Nachfolger, Pfarrer Hans Stiefler, würdigte gerne die Verdienste des Jubilars. Einen Namen machte sich unser Kurat als Mitherausgeber und Autor der „Hollfelder Blätter", Studien zur Heimatforschung auf der nördlichen Frankenalb und darüber hinaus. Mit liebevollen fachkundigen Beiträgen, Exkursionen und Vorträgen brachte Geistlicher Rat Hollfelder die Vor- und Frühgeschichte, Volkskunst, Botanik u.a. unserer Heimat einem breiten Publikum in verständlicher Form näher. Bei vielen hat er das Interesse an der Vergangenheit geweckt und sie mit interessanten Details bereichert. Studenten, Doktoranden und Professoren schätzten sein universelles Wissen.
Mit Anton Kenntemich vom Bayerischen Rundfunk wurden freundschaftliche Bande gepflegt. Einige Sendungen, auch Vorarbeiten, entstanden im Pfarrhaus Neuhaus. Es gibt wenige außergewöhnliche Menschen, wie unseren Kurat, die Seelsorge und Heimatforschung, Glaube und Wissenschaft zu verbinden vermögen. Adalbert Hollfelder war einer dieser wunderbaren Menschen. Außergewöhnlich in seinem Wesen, in seiner feinfühligen Menschlichkeit, bescheiden, tolerant, mit offenem Herzen für alle Rat- und Hilfesuchenden, ob als Geistlicher, als Lehrer, Forscher, Mitbürger, war er ein Menschenfreund. Wer mit Adalbert Hollfelder ein gemeinsames Stück Lebensweg zurücklegen durfte, den wird der gemalte Spruch an der Eingangstür im Pfarrhaus Neuhaus unvergesslich bleiben, der den Eintretenden grüßte: „Patet coret porta" - offen steht Herz und Tür. Unser Kurat, wie ihn alle liebevoll nannten, war mit allen Fasern seines Herzens und Verstandes bemüht, Wissen, Erkenntnisse und die Wunder unserer Heimat in Natur, Geschichte und Kultur zu erforschen. Diese Spurensuche wurde in Vorträgen, Führungen und besonders in den Hollfelder Blättern dokumentiert. So entstanden unzählige Aufsätze, Artikel und Abhandlungen, die Bleibendes bewahren und sicher nachwirken. Wir bedanken uns bei dem geistreichen Lehrer der Volkshochschulen, des CHW, des FSV und vieler anderer, für das Mehr an Zeit und Kraft, für die Wiedergabe seiner Erkenntnisse durch Wort und Schrift, lebendig und schöpferisch. Als Erforscher stiller Welten wurde er betitelt und sein Interesse war geprägt von der Philosophie seines Lieblingsautors, des weltoffenen Teilhard de Chardin. In Fülle und Weitsicht der philosophischen Anthropologie (griechisch: anthropos = Mensch), der Evolution, über Mythos und Religion, vom Dämmern menschlichen Bewußtseins an, ist der Mensch ein Glied seit dem Morgen der Vorgeschichte, im Einklang mit der Natur. Als ehrenamtliche archäologische Mitarbeiter hat Kurat Adalbert Hollfelder mit seinen Freunden Heinz Büttner, Georg Förtsch (+) und Hans Lindner (+) intensive Vorort-Feldforschungen durchgeführt. Die ehemals großen archäologischen weißen Flecken auf der nördlichen Frankenalb sind heute ein verdichtetes Netzwerk von ungemein reicher kultureller Fundplätze aller Kulturstufen. An die freundschaftliche Mithilfe und einmalige tiefe Freundschaft mit Günther Hofmann sowie die Betreuung unseres Hollfelder Arbeitskreises sei mehr als dankbar erinnert. Einige Gedanken zur weiteren Aufhellung (in Anlehnung an John Collier 1947, zitiert aus Huston Smith. Eine Wahrheit viele Wege - die großen Religionen der Welt, 1993): „Er hatte etwas, was die Welt verloren hat:
Die Erforschung uralter vergessener Verehrung und Leidenschaft der Menschen, die uralte Verehrung und Suche nach Wahrheit und die Mythen als verbundenes Netz in den Kulturen." Seit den Tagen der Steinzeit verbindet uns dieses Netzwerk als zentrales, heiliges Feuer. Wir sollten uns die Hoffnungen zu eigen machen, dass wir seine Denkweise eines bescheidenen, naturgemäßen Lebens fortführen. Dankbar sind wir alle, die ihn begleiten konnten und die wir mit der Dichterin Marie v. Ebner-Eschenbach sagen können: „Wohl dem, der sagen kann, der Tag der Aussaat war ein Tag der Ernte." Wir neigen uns in Ehrfurcht vor diesem reichen Leben, das nun in der Ruhe des Ewigen seine Erfüllung gefunden hat. Der Fränkische Schweiz- Verein, der Arbeitskreis für Heimatforschung/CHW Hollfeld und alle seine Freunde werden mit dem Lebenswerk unseres Kuratus stets verbunden bleiben und ihm ein ehrendes Andenken bewahren, im Wissen, dass er uns nur vorausgegangen ist. (Günther Hofmann/Hollfeld)
Aus der Laudatio für Kurat Adalbert Hollfelder anlässlich der Verleihung des Ehrenschildes des Fränkische Schweiz- Verein
am 8. Dezember 1990 in Aufseß. Von Walter Tausendpfund
... In erster Linie denke ich bei der heutigen Ehrung an den Naturwissenschaftler, Volkskundler und Heimatforscher, also den langjährigen Freund und tätigen Verehrer der Fränkischen Schweiz. Ich denke auch an den Mann zuvörderst, der stets den engsten Kontakt zu seiner Heimat und der ihn umgebenden Landschaft gesucht hat, ... im Sommer lieber im Zelt die Natur erleben wollte als drinnen im schützenden Zimmer, den Kenner aller Pflanzen seiner Umgebung und und und. Doch wer Adalbert Hollfelder kennt... weiß auch, dass sich bei ihm die verschiedenen Tätigkeitsfelder kaum auseinander dividieren lassen: Seine aus dem christlichen Auftrag der successio Christi abgeleitete Liebe zu seinen Mitmenschen, die auch die unbedingte Verpflichtung mit einschließt, den anderen stets so als Ebenbild Gottes anzunehmen, wie er nun einmal in seiner Unvollkommenheit ist, verbindet sich in tiefer Weisheit mit einer großartigen und stets neu zu entflammenden Aufgeschlossenheit für alles um ihn herum - seien es neben den Menschen selbst die Schönheiten der Flora und Fauna oder die Rätsel des Wetters oder einfach die raren Hinterlassenschaften aus früheren oder frühesten Epochen der menschlichen Zivilisation.
Bei dieser Hinwendung zu der ihn umgebenden Welt ging es dem 1912 in Ansbach geborenen und 1936 im Dom zu Bamberg zum Priester geweihten „Jura- Menschen" (wie er sich gelegentlich selbst nennt) nie um seine eigene Person. Er wollte vielmehr den Menschen den Blick öffnen für die Schönheiten der Natur, auf ihre Unwiederbringlichkeit und ihre Unentbehrlichkeit für uns alle verweisen; er wollte Anregungen geben, wie die Natur geschützt, wie Hinterlassenschaften sachgerecht geborgen, interpretiert und für unser Selbstverständnis nutzbar gemacht werden könnten; er wollte wichtige Denkergebnisse festhalten und sie so auch einer nach uns kommenden Menschheit überliefern. Aus diesen Zielsetzungen entwickelte sich im Laufe der vielen Jahre ein vielfältiges Betätigungsfeld ...
Erkundigt man sich bei Freunden und Verehrern des Kurat, was sie am meisten an seiner Person fasziniert, dann wird das Bild sehr differenziert. Der eine hebt die Lebendigkeit und schier unnachahmliche Anschaulichkeit der Vorträge hervor, die jeden Zuhörer faszinierten, der andere rühmt die klare und übersichtliche Diktion seiner wissenschaftlichen Aufsätze, die aber trotzdem stets auch für den einfacheren Leser verständlich blieben, wie sie auch den Wissenschaftlern immer wieder neue Anregungen vermittelten; der dritte schließlich lobt die fast grenzenlose Vielfalt der Kenntnisse und die ganz persönliche Kunst des Kuraten, all diese Details in einen großen Zusammenhang einzuordnen. Adalbert Hollfelder ging es bei seinen Forschungen aber auch immer um den steten und lebendigen Kontakt zu Gleichgesinnten. Zusammen mit Günther Hofmann aus Hollfeld, Karl Dill aus Bayreuth, Heinz Büttner aus Heiligenstadt sowie Georg Förtsch aus Ebermannstadt (um nur einige Persönlichkeiten aus unserer näheren Umgebung zu nennen) einte ihn das Band der Freundschaft; zusammen machte man Ausflüge, unternahm Grabungen und redigierte man die „Hollfelder Blätter" seit 1975 (und bis 1995).
Über den engeren Kreis der Fränkischen Schweiz hinaus wirkte Herr Hollfelder auch in der Form, dass er zahlreiche Studenten, Doktoranden oder auch Professoren zum wissenschaftlichen Gespräch ins Pfarrhaus nach Neuhaus (bei Aufseß) lud und so deren Forschungen belebte und anregte. Dies alles wäre aber wohl nicht möglich gewesen, wenn sich Kurat Hollfelder nicht auch als Geistlicher und Kriegsteilnehmer an der Ostfront sowie als Seelsorger hier im Aufseßtal eine persönliche Ausstrahlung erworben hätte, die ihm stets von neuem einen unmittelbaren Zugang zu den Menschen ermöglichte. So faszinierten immer wieder sein nie ermüdender Eifer, seine fast kindliche Begeisterungsfähigkeit (wenn man so sagen darf), seine außergewöhnliche Lebensfrische und Unmittelbarkeit verbunden mit einer glühenden Leidenschaft, für all das, was er sich vorgenommen hatte. Wer ihn beispielsweise einmal über die Ausgrabungen im hallstattzeitlichen Friedhof im „Grübig" nahe Drosendorf erzählen gehört hat, wird dieses Erlebnis sein Leben lang nicht vergessen können. Ja, er wird vielleicht sogar aus dieser Begegnung mit Kurat Adalbert Hollfelder dessen Leitspruch aus dem Neuhauser Pfarrhaus mitnehmen und sich ihn im späteren Leben immer wieder in Erinnerung rufen, der da lautet: „Patet cor et porta!" - „Offen stehen Herz und Tür!" (...)